Infomail Wissenschaft Nr. 10 (Dezember 2022)

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INHALT

Zehn Gründe für den Fachkräftemangel im Tourismus. Eine Thesensammlung aus Sicht der Sozialforschung von HARALD A. FRIEDL. ---> zum Beitrag

Zufriedenheit im Tourismus. Worüber reden wir eigentlich? Von MANUELA TOOMA. ----> zum Beitrag

Fachkräftemangel im Tourismus aus Sicht der sozialen Nachhaltigkeitsdimension. Von MARINA METZ. ----> zum Beitrag

Am Anfang steht die Wertschätzung. MICHAELA REITTERER, Besitzerin des Boutiquehotel Stadthalle, Wien) im Gespräch mit CORNELIA KÜHHAS. ----> zum Beitrag

„Wir finden einen Weg, die Arbeit zu vermenschlichen.“ Im Interview erzählt VANIA ARANA von der Arbeit der „Las Kellys“, die in Spanien versuchen die Arbeitsbedingungen für Reinigungskräfte zu verbessern. Von ANTONIA MERZ ----> zum Beitrag auf der Seite von fairunterwegs

„Ich habe niemals anderes als Fachkräftemangel erlebt.“ Der Hotelier und Visionär KARL J. REITER im Gespräch mit HARALD A. FRIEDL. ----> zum Beitrag

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Was bedeutet das geplante EU-Lieferkettengesetz für die Tourismusbranche? Von CORNELIA KÜHHAS. ----> zum Beitrag

Arbeitskräftemangel im Tourismus: Stimmen von Beschäftigten und Gästen. Von ANTONIA MERZ. ----> zum Beitrag auf der Seite von fairunterwegs

Living Museums: Traditional and Open-Air Living Museums in Namibia
By  ETHILDE TULIMUWO KUWA. ----> zum Beitrag

Ist selbst schuld, wer offenen Auges in die Krise taumelt? Was sind die Ursachen für den Fachkräftemangel? Und was kann man dagegen tun? Leider kein Streitgespräch zwischen JON FLORIN, HARALD A. FRIEDL & CORNELIA KÜHHAS. ----> zum Diskurs

 


 

sdg

Zehn Gründe für den Fachkräftemangel im Tourismus

Eine Thesensammlung aus Sicht der Sozialforschung

von HARALD A.FRIEDL

Friedl
Foto: Harald A. Friedl
Der Fachkräftemangel im Tourismus wie auch in zahlreichen anderen Branchen beschäftigt die Arbeitgeber:innen wie auch die Forschung seit vielen Jahren. Allerdings hat sich die Problematik mittlerweile wesentlich verschärft. Zum einen entfalten einzelne Trends – wie der demographische Wandel – immer stärkere Wirkung, zum anderen treten einzelne Ursachen miteinander stärker in Wechselwirkung und tragen so zu verschärften Effekten bei – wie im Fall des Wertewandels und der damit einhergehenden, zunehmend misslingenden Kommunikation zwischen traditionellen Dienstgeber:innen und jungen Dienstnehmer:innen der Generation Z.

Die nachfolgende Zusammenfassung der wichtigsten Ursachen ist keineswegs als vollständige Aufzählung zu verstehen, vermittelt aber ein klareres Bild vom sozialen Phänomen des Fachkräftemangels.

  1. Demographischer Wandel: Die Kluft zwischen einer sinkenden Fertilität und somit einer sinkenden Zahl von potenziellem Nachwuchs für den Tertiärbereich einerseits und einer alternden Bevölkerung mit höherer Lebenserwartung bei gleichzeitig rasch steigendem Bedarf an Servicedienstleistungen driftet immer stärker auseinander (Kirchhoff-Feil & Pinnow, 2020 S. 8). Dies ist in Abbildung 1 deutlich zu erkennen.
     
    Abb 1
    Quelle: Peinhopf, N. (2021). Stellenwert des kulturellen Kapitals regionaler Fachkräfte im persönlichkeitsintensiven touristischen Dienstleistungssektor in Zeiten des demografischen Wandels. Masterarbeit, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck. https://diglib.uibk.ac.at/ulbtirolhs/content/titleinfo/6094204/full.pdf

     
  2. Weniger Lehrlinge: Parallel dazu sinkt die Zahl an jungen Menschen, die in Österreich eine Lehre absolvieren. Im Jahr 1980 waren dies noch 194.000 Personen, so ist dieser Wert bis vor Corona auf rund 110.000 junge Menschen gesunken (Dornmayr & Winkler, 2018).
     
  3. Der Wertewandel in Richtung Work-Life-Balance, Sinnorientierung und Genuss, und somit in eine Richtung, die den Anforderungen im Tourismus diametral entgegengesetzt ist, ist am stärksten unter der Generation Z ausgeprägt (Brademann & Piorr 2019). Er wirkt damit ausgerechnet beim potenziellen Nachwuchs am stärksten, was insofern auch zur Erklärung der sinkenden Lehrlingszahlen beiträgt. Ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Generation kann sich diese Haltung in ökonomischer Hinsicht aufgrund von wohlhabenden Eltern oder entsprechenden Erbaussichten leisten (siehe auch die entsprechende Kritik von Karl J. Reiterer im Beitrag "Ich habe niemals anderes als Fachkräftemangel erlebt").
     
  4. Zudem steht Tourismus in einem direkten Konkurrenzverhältnis zu zahlreichen anderen Branchen. Ob Pflege, MINT-Berufe, Handwerk, ob Lehrer:innen und Ärzt:innen, von Seelsorger:innen ganz zu schweigen: an allen Ecken und Enden fehlt es an Nachwuchs, während die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen.
     
  5. Auch leidet der Tourismus als Beruf in Österreich in mehrfacher Hinsicht an einem wenig attraktiven Image: Das Einkommen ist eher bescheiden, die Arbeitszeiten sind wenig familienfreundlich, die Karriereaussichten äußerst beschränkt, und der Job selbst, ob in der Küche oder im Service, ist zeitweise höchst belastend. Seit Covid hat Tourismus auch den Nimbus des ewig sicheren Arbeitsplatzes verloren.
     
  6. Für den Saison-Tourismus kommt als attraktivitätsmindernd hinzu, dass zuweilen bei Unterkunft und Verpflegung fürs Personal gerne gespart wird. Söhl unterstreicht, „das klassische Personalzimmer [sei] seit jeher dafür ausgelegt, Einzelpersonen für einen limitierten Zeitraum zu beherbergen“. (2021) Dieser Mangel an Komfort werde immer weniger akzeptiert. Doch auch gut gemeinte, attraktivierte „Mitarbeiterhäuser“ mit Pool und Sauna sind mit den veränderten sinnorientierten Lebenskonzepten immer weniger kompatibel. Dem gegenüber rät Söhl zu „private[r] Wohnqualität abseits der Teamkollegen, flexible Anpassung an das jeweilige Lebens- und Familienmodell und die hohen Freizeitwerte touristischer Regionen“, um MitarbeiterInnen für einen Betrieb zu interessieren und langfristig an die Region zu binden. Wie das möglich ist, ist im Interview mit Michaela Reitterer nachzulesen.
     
  7. Auf dieser Ebene anzusiedeln ist auch der Grad der Wertschätzung seitens der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeiter:innen: In manchen Küchen und Hotels scheint noch immer nicht verstanden worden zu sein, dass die Macht einer Führungskraft allein von deren Anerkennung durch loyale Mitarbeiter:innen abhängt; und dass nicht der spitzen Chefkoch mit drei Hauben für den nachhaltigen Unternehmenserfolg garantiert, sondern dass ein Zusammenspiel von kompetenten, engagierten und verlässlichen Mitarbeiter:innen das größte Kapital eines Unternehmens darstellen (Liebhart & Nungesser 2017). Im Verbund mit dem Wertewandel bei jungen Menschen, die heute Autoritätspersonen anders wahrnehmen als dies früher der Fall war, treibt eine „respektsparsame“ Behandlung von Menschen in touristischen Berufen heute sehr viel schneller zum Job- oder gar Berufswechsel als noch vor zwanzig Jahren (Friedl & Schuster, 2018). (vgl. den Beitrag von Marina Metz)
     
  8. Sinkende finanzielle Attraktivität für Arbeitskräfte aus dem Ausland: In den südlichen und östlichen EU-Mitgliedsländern hat das Lohnniveau in den vergangenen Jahren beträchtlich aufgeholt. Damit wird es für „Gastarbeiter:innen“ immer weniger lukrativ, für längere Zeit fern von der Familie auf Saison in die Österreichischen Tourismuszentren zu gehen. Pendler:innen aus den nahen, osteuropäischen Nachbarländern wiederum spüren zudem die steigenden Treibstoffpreise, die ihre ohnedies bereits sinkenden Einkommensvorteile zunehmend dahinschmelzen lassen.
     
  9. Ein bislang von der Forschung nur wenig beachteter Aspekt betrifft die Recruiting-Methoden, die oft als sehr konservativ, wenig social-media-affin und somit wenig zielgruppenorientiert erscheinen, wie Praschl schon (2014) in einer Studie an der FH JOANNEUM nachweisen konnte, und woran sich bislang wenig verändert zu haben scheint (McCrindle & Fell, 2014, S. 17). Hier wirkt abermals der Wertewandel einer erfolgreichen Verständigung zwischen touristischen Arbeitgeber:innen und potenziellen Arbeitnehmer:innen entgegen, diesmal jedoch durch unpassende Formen und Medien der veröffentlichten Einladungen zur Mitarbeit.
     
  10. Zu guter Letzt bleibt aufgrund einer latenten Fremdenangst in den alpinen Tourismusdestinationen eine fast unerschöpfliche Ressource an potenziellen Fachkräften ungenutzt: Migrant:innen aus Regionen außerhalb der EU. Hier wird mittelfristig wohl kein Weg an einer grundlegenden Änderung des migrationspolitischen Mindsets vorbeiführen, wie dies auch Kapferer unterstreicht, der das Multilemma des Fachkräftemangels treffend zusammenfasst: „Neben einer Attraktivierung des Berufsbilds sowie einer Mobilisierung und Rückholung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Tourismus [nach deren Covid-bedingten Abwanderung aus der Branche [Anm. d. Verf.] wird man um eine verstärkte Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland nicht umhinkommen. Nur mit einem Bündel an Maßnahmen kann dem eklatanten Arbeitskräftemangel entgegengewirkt werden.“ (zit. in Kapferer & Breyner 2021, S. 25).

 

Zum Autor:

Harald A. Friedl ist assoz. Professor für Nachhaltigkeit und Ethik im Tourismus am Institut für Gesundheits- und Tourismusmanagement an der FH JOANNEUM, Bad Gleichenberg.

 
Textquellen:
Brademann, I. & Piorr, R. (2019). Arbeitsplatz & Generationsmangement: Generation Z - Analyse der Bedürfnisse einer Generation auf dem Sprung ins Erwerbsleben, in: Hermeier, Burghard; Heupel, Thomas & Fichtner-Rosada, Sabine (Hrsg.), Arbeitswelten der Zukunft. Wie die Digitalisierung unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen verändert, Wiesbaden.

Dornmayr, H., & Winkler, B. (2018). Unternehmensbefragung zum Fachkräftebedarf/-mangel. Fachkräfteradar – Teil 2. Wien: ibw.

Friedl, H. A. & Schuster, A. (2018). „Ich wechsle den Chef!“. Fachkräftemangel als Ausdruck der Wechselwirkungen zwischen Führungsstil und Unternehmenskultur in der Hotellerie – und strategische „Gegenmittel“. Tourismus Wissen – quarterly, 13, S. 187–191.

Kapferer, A. & Breyner, B. (2021). Tourismusbarometer 2021. Innsbruck: Deloitte Tirol. https://www.oehv.at/fileadmin/user_upload/MediaLibrary/Bilder/Grafiken_Presse/Studie_Deloitte_OEHV_Tourismusbarometer_2021.pdf

Kirchhoff-Feil, M. & Pinnow, D. (2020). Fachkräftemangel im Kontext des nachhaltigen Tourismus. Themenpapier (Texte 11/20). https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-01-16_texte_11-2020_themenpapier_fachkraeftemangel-tourismus.pdf

Liebhart, U., Nungesser, S. (2017). Sozial nachhaltiges Personalmanagement in mittelständischen Hotelbetrieben – wie Hotelkooperationen unterstützen können. In: Lund-Durlacher, D., Fifka, M., Reiser, D. (eds) CSR und Tourismus. Management-Reihe Corporate Social Responsibility (S. 83-99). Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53748-0_6

McCrindle, M. & Fell, A. (2019). Understanding Generation Z. Recruiting, Training and Leading the next Generation. Norwest, Australia: McCrindle Research. https://generationz.com.au/wp-content/uploads/2019/12/Understanding_Generation_Z_report_McCrindle.pdf

Praschl, E. (2014). Der wahrgenommene Fachkräftemangel im Gesundheitstourismus. Untersuchung eines Phänomens am Beispiel ausgewählter Unternehmen im Gesundheitstourismus. Masterarbeit, Institut für Gesundheits- und Tourismusmanagement, FH JOANNEUM, Bad Gleichenberg. http://www.vulkanland.at/upload/docs/bisi/00000000090.1.pdf

Söhl, D. (2021). Trägt das herkömmliche Konzept der Mitarbeiterunterkunft Mitschuld am Fachkräftemangel im Tourismus? Vom Prinzip Leben und Arbeiten wo andere Urlaub machen... Tourismuspresse vom 22.9.2021, https://www.tourismuspresse.at/presseaussendung/pdf/TPT_20210922_TPT0001

 

 


 

sdg

Zufriedenheit im Tourismus – worüber reden wir eigentlich?

Die Arbeitswelt ist dabei, sich rundum zu erneuern. Man spricht von „Quiet Quitting“ (Bauer 2021) und „Great Resignation“ (Dang 2022) und meint damit, dass zunehmend mehr Menschen resignieren oder dezidiert den Arbeitsplatz verlassen. Stark betroffen davon ist auch die Tourismusbranche. Die junge Tourismusforscherin Nina Wallner stellte sich die Frage, was Zufriedenheit im Tourismus überhaupt ausmache. Unter Verwendung der Herzberg’schen Zwei-Faktoren-Theorie untersuchte sie relevante Hygienefaktoren, die für die Mitarbeiterzufriedenheit entscheidend sind.

von MANUELA TOOMA

Foto: Tooma
Foto: Manuela Tooma

 

Die Berufstätigkeit begleitet uns einen erheblichen Teil des Lebens, dennoch steigt die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz, ganz speziell im Tourismus. Diese personalintensive Dienstleistungsbranche erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und begünstigt diejenigen, die bereit sind, trotz relativ niedriger Gehälter die „Extrameile“ für Gäste zu gehen. Gäste ihrerseits schrauben ihre Erwartungen an ihre Unterkünfte und Verpflegungsmöglichkeiten höher, auch weil die Anzahl der Anbieter weltweit gestiegen ist. Demnach müssen Tourismusbetriebe sowohl individuelle als auch soziale und mentale Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen berücksichtigen, während sie ihre Gäste willkommen heißen. Gleichzeitig müssen sie am Ende des Monats ein profitables Ergebnis erzielen – keine leicht zu erfüllende Aufgabe.

Durch die zweijährige Covid-Pandemie wurden die Herausforderungen im Tourismus noch um einiges verstärkt. Die vorherrschenden Rahmenbedingungen in der Tourismusbranche stellen jedoch seit jeher ein Spannungsfeld zwischen den beteiligten Akteuren dar, nur wurde vieles deutlicher sichtbar.

Was sind nun die Faktoren, die zu Motivation und Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen beitragen? Dabei ist einleitend festzuhalten, dass Zufriedenheit und Motivation nicht dasselbe sind. Die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen wird durch Aspekte des Arbeitsumfeldes beeinflusst. Herzberg spricht hier von Hygienefaktoren. Im Gegensatz dazu ist Motivation auf die jeweilige Tätigkeit fokussiert. Sie wird durch solche intrinsischen Aspekte beeinflusst, die uns persönlich „antreiben“.

Aus dieser Unterscheidung lässt sich ableiten, dass auch bei optimalen Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz Mitarbeiter:innen nicht unbedingt motiviert sein müssen. Zugleich ist die Kenntnis der betrieblichen Hygienefaktoren unverzichtbar, denn sie sind Grundvoraussetzung für Zufriedenheit und Motivation. Sind diese mangelhaft berücksichtigt, herrscht im Betrieb Unzufriedenheit.

An vorderster Stelle wird zumeist das Gehalt betrachtet. Das Bild des Menschen in den Volkswirtschaften ist noch immer wesentlich von der Vorstellung bestimmt, dass Rationalität und Eigeninteresse die zentralen Wirkmechanismen seien. Im Gegensatz dazu gibt es bereits zahlreiche Anzeichen dafür, dass die Korrelation zwischen Gehalt und Zufriedenheit seitens der Mitarbeiter:innen eher schwach ausgeprägt sei. Jedoch sind in der österreichischen Tourismusbranche die Verdienstmöglichkeiten im Verhältnis zu anderen Wirtschaftszweigen durchaus gering. Somit sind die Kollektivlöhne im österreichischen Tourismus für Fachkräfte wenig attraktiv. Jedoch profitieren diese oftmals von anderwärtigen Vorteilen und Mehrwerten in den Betrieben, wie etwa preiswerte Aufenthalte in Partnerunternehmen, kostenfreie Kost und Logis für Saisonarbeiter:innen sowie insbesondere im Servicebereich recht stattliches Trinkgeld.

Der Status ist ein weiterer relevanter Hygiene-Faktor, definiert als Anerkennung eines Individuums in Bezug auf ein bestimmtes Merkmal. Im Kontext eines touristischen Betriebs beschreibt Status die Erwartungshaltungen, die Mitarbeiter:innen gegenüber ihren Team-Mitgliedern hegen. Je höher der Status eines Teammitglieds ist, desto größer ist dessen Einfluss auf die Gestaltung von Arbeitsnormen und Verhaltensweisen. Daher tragen Mitarbeiter:innen mit hohem Ansehen bzw. Status aufgrund ihrer höheren Mitgestaltungsmöglichkeiten in der Regel wirksam zur Zufriedenheit der Teammitglieder bei.

Mit Status eng verbunden ist der Faktor der Führung durch vorgesetzte Personen. Für den Grad der Mitarbeiter:innen-Zufriedenheit entscheidend ist hier eine Ausgewogenheit zwischen der Förderung von Mitarbeiter:innen einerseits und der Erreichung der grundlegenden Unternehmensziele andererseits. Stehen etwa allein die konkreten Aufgaben von Mitarbeiter:innen im Fokus der Aufmerksamkeit des Hotelmanagements, während die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Teams weitgehend ausgeblendet bleiben, steigt das Risiko der wahrgenommenen Unzufriedenheit beträchtlich. Gleiches gilt aber auch für eine übertriebene Beachtung zwischenmenschlicher Aspekte unter Vernachlässigung der konkreten betrieblichen Aufgaben. Wie so oft macht die Dosis das Gift …

Friedl
Foto: Harald A. Friedl

Ein wesentlicher Faktor sind die konkreten emotionalen Beziehungen zu Kolleg:innen und vorgesetzten Personen, somit das „soziale Miteinander“ am Arbeitsplatz. Hier gilt die Faustregel: Je besser die betrieblichen Beziehungen zueinander gedeihen, desto höher ist die Qualität von Zusammenarbeit und Arbeitsleistung. Im Effekt bewirken sowohl das erfolgreiche Teamwork wie auch das vertrauensvolle Arbeitsverhältnis selbst einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitszufriedenheit. Im Tourismus – und dort insbesondere im Hospitality-Bereich – ist Team-Orientierung besonders ausgeprägt. Entsprechend ist hier die Pflege der Beziehungskultur oberstes Gebot für einen nachhaltigen Betriebserfolg bei zufriedenen Mitarbeiter:innen.

Die Arbeitsplatzsicherheit hat ebenso Einfluss auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen. Ein befristetes Arbeitsverhältnis mit hohen professionellen Anforderungen bei gleichzeitig fehlender Gewissheit, wie es nach Vertragsende weitergehen solle, trägt erheblich zu Verunsicherung und Erschöpfung der Angestellten bei. Dabei erscheint es wenig überraschend, dass Mitarbeiter:innen unter dieser Bedingung einer mangelnden nachhaltigen Perspektive nur zögerlich zu beruflichem Engagement bereit sind. Im Vergleich zu anderen Branchen rangiert die Arbeitsplatzsicherheit im österreichischen Tourismus im Mittelfeld. Jedoch stellt die saisonale Arbeitstätigkeit im Tourismus eine zusätzliche Herausforderung dar, da eine Wiedereinstellung in der nächsten Saison von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Darüber hinaus sollten auch die persönlichen beruflichen Erfahrungen mit Covid, wie Kurzarbeit oder gar Kündigungen, als zusätzlicher Faktor der geringen Einschätzung von Arbeitsplatzsicherheit bedacht werden. Fazit: Die konkrete Aussicht von Mitarbeiter:innen auf eine Festanstellung kann wesentlich zu deren Zufriedenheit und damit zu deren Bereitschaft zum Verbleib im Betrieb und dann auch zu persönlichem Engagement beitragen.

Ein Aspekt, der insbesondere in kleineren touristischen Unternehmen gerne vernachlässigt wird, ist eine konsistente, von klar definierten Werten geleitete Unternehmenspolitik. Diese umfasst sowohl die betriebliche Ausrichtung, wohin sich das Unternehmen entwickeln solle, sowie die Art und Weise, wie mit den unterschiedlichen Interessensgruppen, die mit dem Unternehmen in Verbindung stehen, umgegangen werden solle: Gäste, Lieferanten, Einheimische am Standort und eben auch die Mitarbeiter:innen. Je ausdrücklicher, klarer und glaubwürdiger diese Politik formuliert ist, desto mehr trägt diese zur Orientierung der Mitarbeiter:innen innerhalb des Unternehmens bei. Orientierung wiederum vermittelt Verlässlichkeit und Sicherheit – und trägt damit zur Zufriedenheit bei.

Tooma
Foto: Manuela Tooma

Zu guter Letzt sind es die höchstpersönlichen Rahmenbedingungen, somit Aspekte wie persönliche Charaktereigenschaften, spezielle Stärken und Schwächen sowie Ausprägung und Dynamik des Privatlebens, die den Grad der Zufriedenheit am Arbeitsplatz beeinflussen. Erstaunlicherweise findet sich dieser Aspekt kaum in den vorherrschenden Diskursen, jedoch zu Unrecht. Denn zum einen können schmerzliche Probleme und Sorgen aus dem persönlichen Umfeld spürbar in die berufliche Tätigkeit hineinwirken und damit das persönliche Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen. Zudem haben auch Unternehmer:innen gewisse Möglichkeiten, auf diese Umstände einzugehen, sei dies lediglich in Form klar signalisierten Verständnisses oder sogar in Form der vorübergehenden konkreten Berücksichtigung der Umständen, etwa bei einer rücksichtsvollen Gestaltung des Dienstplans.

Zusammenfassend ist die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen Ausdruck der gelingenden Kunst, im Unternehmen förderliche Arbeitsbedingungen zu gestalten und individuelle Weiterentwicklung wie auch gedeihliche Führungs- und Organisationskultur zu fördern, während gleichzeitig ein individueller Gleichklang zwischen Beruf, Familie und Privatleben ermöglicht wird.

Mag diese „Kunst“ der konstruktiven Koordination der genannten Faktoren auch als Herkulesarbeit erscheinen, so darf dabei der Kontext des Tourismus nicht übersehen werden. Hier sind Mitarbeiter:innen aufgrund ihres direkten Gästekontakts besonders häufig und dauerhafter hohem Stress ausgesetzt. Die Berücksichtigung der genannten Hygienefaktoren ist darum ein entscheidendes Instrument zum Ausgleich dieser Stressbelastung – und damit eine Voraussetzung dafür, nachhaltig authentische Gastfreundschaft auf professioneller Ebene zu bieten. Die ernsthafte Berücksichtigung der Hygienefaktoren ist somit weniger eine Empfehlung: Deren Missachtung könnte die Herausforderung des Fachkräftemangels in Zeiten des demographischen Wandels und der Generation Z zur existenziellen Bedrohung des touristischen Betriebs eskalieren lassen.
 
Zur Autorin:

Manuela Tooma
Manuela Tooma (Foto: privat)

MANUELA TOOMA ist Hochschullektorin für Hospitality und Tourismus am Institut „Gesundheits- und Tourismusmanagement“ an der FH JOANNEUM in Bad Gleichenberg. Bereits in jungen Jahren entdeckte Manuela Tooma, dass Reisen und andere Länder kennenzulernen etwas Spannendes ist – nämlich als sie zum ersten Mal mit fünf Jahren ohne ihre Eltern im Süden Europas unterwegs war. Die Lust Neues zu sehen und zu erfahren hat sie seitdem nicht mehr losgelassen. Als diplomierte Touristikkauffrau war sie über zwölf Jahre im Ausland tätig: Von der Schweiz über Deutschland, England bis Ägypten, war sie in der Hotellerie im F&B und FO-Management tätig. Sie studierte International Management (mit Auslandsstudium in Peking) und Tourism Management.

 

Wallner
Nina Wallner (Foto: privat)

Die Bachelorarbeit von NINA WALLNER welche die Grundlage für den vorliegenden Artikel lieferte, hatte Manuela Tooma wissenschaftlich und inhaltlich betreut. Die Arbeit steht auf der Internetseite „Tourismus und die SDGs“ des Österreichischen BM für Arbeit und Wirtschaft zum Download zur Verfügung (unter SDG 8): https://www.bmaw.gv.at/Themen/Tourismus/tourismus-sdg/sdg-forschungsarbeiten.html
 


Quellen:
Bauer, K. (2021, 6. November). So wollen sie nicht mehr arbeiten. DerStandard. https://www.derstandard.at/story/2000130940556/so-wollen-sie-nicht-mehr-arbeiten

Dang, A. (2022, 26. August). „Quiet Quitting“: Warum Dienst nach Vorschrift nach Vorschrift jetzt trendet. DerStandard. https://www.derstandard.at/story/2000138534961/quiet-quitting-warum-dienst-nach-vorschrift-jetzt-trendet

Tooma, M. (2016). Sustainable Work-Life-Balance and Well-Being for Employees within the Hospitality Industry – A Rather Romantic Wonderland? ATLAS Tourism and Leisure Review, Volume 2016-1.

Wallner, Nina (2021). Zufriedenheit im Tourismus anhand der 2-Faktoren-Theorie von Frederick Herzberg. Bachelor-Arbeit am Studiengang Gesundheit und Tourismus Management, FH JOANNEUM, Bad Gleichenberg. https://www.bmaw.gv.at/Themen/Tourismus/tourismus-sdg/sdg-forschungsarbeiten.html (unter SDG 8)


 

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Fachkräftemangel im Tourismus aus Sicht der sozialen Nachhaltigkeitsdimension

von MARINA METZ

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Foto: www.klosterhof.de
Als die wohl schönste Branche der Welt wird sie aus eigenen Reihen angepriesen – das Gastgewerbe. Gleichzeitig zeigen sinkende Lehrlingszahlen, häufige Personalabwanderung und der stetige Mangel an Fachkräften eine andere Wirklichkeit in der KMU-Hotellerie und Gastronomie auf. Die im Tourismus beheimatete Autorin lädt ein, einen Blick hinter die Kulissen der Fachkräfteproblematik im Gastgewerbes zu werfen. Als mögliche Lösungswege aus der Fachkräftekrise werden CSR-orientierte Ansätze vorgestellt, die zu wesentlicher Attraktivierung der Arbeitsplätze im Tourismus, und dies aus Sicht potenzieller Mitarbeiter:innen, beitragen.

In kaum einer anderen Branche spielt Gastfreundschaft eine größere Rolle als im Tourismus. Dabei sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der touristischen Betriebe, die dieses Konzept zum Leben erwecken. Sie treten mit den Gästen in direkten Kontakt und sorgen nicht nur für ihr leibliches Wohlergehen. Vielmehr noch steht heutzutage die emotionale Komponente im Vordergrund: das persönliche Erleben, die Gespräche und das Eintauchen in die Lebenswelt des Dienstleisters. Durch diesen Wandel, weg von einer reinen Serviceorientierung hin zur Erlebnisorientierung, spielt eine gelungene Emotionsarbeit seitens der Mitarbeiter:innen eine tragende Rolle. Die Fähigkeiten der Mitarbeiter:innen „to make the customers feel welcome“ sichern demnach die Gästezufriedenheit und weiters den langfristigen Erfolg des Unternehmens.

Trotz dieser deutlich strategischen Relevanz hört die Gastfreundschaft oftmals bei den Gästen auf. Die Mitarbeiter:innen finden sich in den Betrieben zwischen Anforderungen und Arbeitsbedingungen wieder, die zur Belastung werden. Dazu zählen unter anderem die spezifischen Arbeitszeiten, hoher Leistungsdruck, Zwang zur Flexibilität, fehlende berufliche Weiterentwicklung sowie geringe monetäre und nicht-monetäre Anerkennung und Wertschätzung.

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Gemeinsamer Marktbesuch (Foto: www.klosterhof.de)

Besonders in den familiengeführten klein- und mittelständischen Betrieben sind diese prekären Umstände charakteristisch. Hier nimmt die Aufrechterhaltung des Alltagsgeschäfts zumeist die gesamte Aufmerksamkeit der Eigentümer:innen ein, und die strategische Weichenstellung rückt in den Hintergrund. So werden etwa Personalfragen häufig ad hoc gelöst, ohne sich vorab mit den Bedürfnissen und Anforderungen der Arbeitnehmer:innen auseinanderzusetzen. Somit geht der Fachkräftemangel auch mit einem Mangel an den Ressourcen Zeit, Personal und Know-how seitens der Führungskräfte einher. Zudem erschwert eine oftmals inadäquate Organisationsentwicklung und Personalführung der KMU einen konstruktiven und nachhaltigen Umgang mit der Fachkräfteproblematik.

Neben diesen spezifisch touristischen Rahmenbedingungen eröffnen aktuelle Ereignisse eine weitere Bandbreite an Herausforderungen. Vor dem Hintergrund von Klimawandel, Energiekrise und den Nachwirkungen der Pandemie unterstreichen die aktuelle Bevölkerungsentwicklung, der Wertewandel und der Trend zur höheren Bildung mit akademischen Abschlüssen die Notwendigkeit ganzheitlicher Lösungsansätze.

In diesem Zusammenhang stellte sich die Autorin im Rahmen ihrer Abschlussarbeit die Frage, wie ein sozial nachhaltiges Personalmanagement dazu beitragen könne, die Attraktivität der Tourismusbranche als Arbeitgeber:in zu steigern, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In methodischer Hinsicht wurden dazu aktuelle Publikationen in Fachzeitschriften sowie Studien aus Datenbanken erhoben und ausgewertet, um hilfreiche Ansätze herauszukristallisieren.

Im Zuge der Auseinandersetzung mit einem Modell eines sozial nachhaltigen Personalmanagements nach Liebhart und Nungesser (2017) ließ sich erkennen, dass es zwar keine einheitlich übertragbare Lösung für die Fachkräfteproblematik gibt. Dafür eröffnen die Kernthemen der Bereitstellung und Bindung, der Erhaltung sowie der Förderung und Entwicklung von Mitarbeiter:innen vielseitige Maßnahmen und liefern Ansätze für Gestaltungsmöglichkeiten. Diesen Maßnahmen gemeinsam ist, dass sie die Anforderungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen berücksichtigen, wodurch Arbeitszufriedenheit, Wohlbefinden und Motivation genährt werden. Für die Identifizierung von passenden und erfolgsversprechenden Maßnahmen bedarf es einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Unternehmensimage, der Personalführung und den Rahmenbedingungen des jeweiligen touristischen Betriebs. Diese Reflexionsaufgabe erfordert Zeit und Aufmerksamkeit und damit Ressourcen, die in klein- und mittelständischen Unternehmen sehr begrenzt sind. Wenn jedoch am Ende die Mitarbeiter:innen mit „Hand, Herz und Verstand“ bei der Arbeit sind und hinter ihrer Branche stehen, spricht das für einen attraktiven Arbeitsplatz im Tourismus.

 

Zur Autorin:

Metz
Marina Metz (rechts) (Foto: www.klosterhof.de)

MARINA METZ ist Absolventin des Studienganges „Gesundheitmanagement im Tourismus“ an der FH JOANNEUM in Bad Gleichenberg. Aktuell arbeitet sie im Hotel Klosterhof in Bayerisch Gmain als Gesundheitskoordinatorin und im HR-Bereich. Ihre Aufgaben reichen vom Projektmanagement einer Studie bis hin zur Ausarbeitung eines nachhaltigen HR-Konzeptes. Sie verfasste ihre 2. Bachelorarbeit zum Thema „Fachkräftemangel im Tourismus aus Sicht der sozialen Nachhaltigkeitsdimension“. Aufgrund der wertvollen Beiträge dieser studentischen Forschungsarbeit zum SDG 8 wurde die Arbeit auf der Forschungsdatenbank des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (unter SDG 8) als Download veröffentlicht. Eine Kurzfassung der Arbeit wurde gemeinsam mit Harald A. Friedl im Journal „Tourismus Wissen quarterly 2022/30, S. 272-277“ veröffentlicht.

Quellen:

Liebhart, U., & Nungesser, S. (2017). Sozial nachhaltiges Personalmanagement in mittelständischen Hotelbetrieben – wie Hotelkooperationen unterstützen können. In D. Lund-Durlacher, M. S. Fifka, & D. Reiser (Hrsg.), CSR und Tourismus (S. 83–99). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53748-0_

 


 

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Am Anfang steht die Wertschätzung

Michaela Reitterer besitzt und führt das Boutiquehotel Stadthalle in Wien. Das Hotel ist bekannt für seine schon jahrzehntelange nachhaltige Betriebsführung, auch hinsichtlich des Mitarbeiter*innen-Managements und der Mitarbeiter*innen-Zufriedenheit. Es ist eines der ersten Hotels, das mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet wurde – neben zahlreichen anderen Auszeichnungen – und ist das weltweit erste SDGs-Hotel. Frau Reitterer war von 2013 bis Jänner 2022 Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung ÖHV.
CORNELIA KÜHHAS hat mit ihr über ihre Erfahrungen und Einschätzungen zum aktuell viel diskutierten Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe gesprochen und sie nach ihrem persönlichen Konzept für ihr Haus und ihre Lösungsansätze und Ideen für die Branche gefragt.
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Michaela Reitterer (Foto: Franzi Schädel)

Frau Reitterer, in der Tourismusbranche werden händeringend Fachkräfte gesucht. Wie stellt sich die Situation in Ihrem Haus dar? Haben auch Sie Schwierigkeiten, genügend qualifizierte Mitarbeiter*innen zu finden?

Nein, wir merken nichts vom Fachkräftemangel. Und zwar deswegen, weil wir in den letzten Jahren sehr viel ins Employer Branding, also in unsere Arbeitgebermarke, investiert haben. Daraus resultiert, dass wir eigentlich immer tolle Bewerbungen bekommen.
 
Sie bezeichnen sich selbst als „Arbeit- und Gastgeberin mit Begeisterung“. Was macht eine*n attraktive*n Arbeitgeber*in aus?

Auch wenn mich viele ob meines Engagements und meiner Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit jahrelang belächelt haben: Das Thema Nachhaltigkeit ist jetzt für die jungen Menschen ein wichtiger Grund, einen Job anzunehmen! Viele junge Leute bewerben sich bei uns, weil sie ein Teil unseres Projektes sein wollen. Sie finden es toll, dass wir uns um die Umwelt kümmern, dass wir das weltweit erste SDG-Hotel sind, dass wir so viel vegane Speisen anbieten … Und bei uns geht es nicht nur ums Arbeiten, sondern auch um ein wertschätzendes Zusammenleben – das Team verbringt ja viel Zeit miteinander.
 
Wie ist Ihr Haus denn über die vergangenen Pandemie-Jahre gekommen?

Als die Pandemie kam, hatten wir einen hohen Mitarbeiter*innen-Stand. Wann ich wieder so viele Mitarbeitende brauchen werde, war nicht abzusehen … Daher habe ich einigen Mitarbeiter*innen einen anderen Job in anderen Branchen verschafft. So konnte ich z.B. einige Zimmermädchen als Haushaltsmanager*innen für ältere Menschen vermitteln. Einige hat der neue Job so gefallen, dass sie dort auch geblieben und nicht mehr ins Hotel zurückgekehrt sind … Bei der Suche nach neuem Personal, als wir wieder aufsperren durften, hatten wir überhaupt keine Probleme, inzwischen haben wir wieder diesen Höchststand an Mitarbeitenden wie vor der Pandemie erreicht.

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Foto: Tina Herzl


 
Die Corona-Pandemie hat – wie in anderen Branchen auch – quasi wie ein Brennglas die Schwachstellen und Probleme in der Branche aufgezeigt, viele Fachkräfte haben die Branche verlassen. Die Rede ist immer vom schlechten „Image“ der Branche, aber auch vom fehlenden Leistungswillen der jungen Generation, der die „Work-Life-Balance“ wichtig ist … Wie sehen Sie die Situation: Was sind die Ursachen für den aktuellen Fachkräftemangel?

Dazu möchte ich erstmal betonen: Es haben noch nie so viele Menschen im Tourismus gearbeitet wie jetzt. Der Mitarbeiter*innen-Mangel resultiert nicht aus der fehlenden Kompetenz der Menschen, die im Tourismus arbeiten, sondern er hat seine Ursache in sich ändernden Arbeitszeitmodellen: Früher war eine 45-Stunden-Woche der Standard, jetzt sind es 38 Stunden und weniger, viele wollen Teilzeit arbeiten. Und das schlägt sich dann im höheren Personalbedarf nieder.
 
Zum Image der Branche möchte ich drei Punkte anführen:

Zum ersten kann und soll man nicht alle Betriebe über einen Kamm scheren; ein 5-Sterne-Hotel in einer Stadt kann man nicht mit einem Landgasthof vergleichen.
 
Zweitens: Ja, wir arbeiten am Abend und am Wochenende, dann wenn andere Urlaub machen. Aber das ist die grundlegende DNA der Branche! Wir dürfen uns nicht selber schlecht machen und immer nur diesen Punkt thematisieren – jedes Start-up arbeitet in der Nacht und am Wochenende, und das finden alle cool. Und außerdem: Ein Drittel der Bevölkerung arbeitet in der Nacht und am Wochenende, denken Sie nur an Polizist*innen, Ärzt*innen, Rettungsfahrer*innen etc. – und das regt niemanden auf.
Und wenn alle wollen, dass wir unseren Mitarbeiter*innen am Wochenende doppelt so viel bezahlen, dann muss man auch bereit sein, mehr für sein Schnitzel zu bezahlen …
 
Und drittens: Die Lehrlingsausbildung in Österreich, nämlich die Kombination von Schule und Praxis, ist ein Erfolgskonzept, das auch im Ausland große Anerkennung findet. Deshalb sollen auch nur die besten Betriebe ausbilden dürfen. Gegen die schwarzen Schafe – die es ja in jeder Branche gibt –, muss man vorgehen: Wenn jemand seine Lehrlinge nicht ordentlich ausbildet, muss ihm die Lehrlingsausbildungsbefähigung aberkannt werden.

Hotel Stadthalle
Lavendeldach (Foto: Tina Herzl)


 
Apropos Ausbildung in der Tourismusbranche: Wie beurteilen Sie diese?

Die Differenzierung zwischen einem Gymnasium und einer berufsbildenden höheren Schule ist gut; allerdings braucht es von den BHS das Commitment, dass es sich um eine BERUFSBILDENDE Schule handelt, mit entsprechend angepasstem Lehrplan. Und das muss sich dann auch im Bewertungssystem wiederfinden – die Zentralmatura ist aus meiner Sicht eine Themenverfehlung, denn eine fundierte Berufsausbildung inklusive einem Höchstmaß an Allgemeinbildung in wenigen Jahren entspräche einer eierlegenden Wollmilchsau.
 
In der Berufsschule würde ich mir daher mehr Flexibilisierung wünschen: Denn es gibt sehr unterschiedliche Berufsbilder im Tourismus, auf die die Ausbildung stärker ausgerichtet sein sollte. Ich würde eine modulare Ausbildung befürworten – eine Grundausbildung für alle, und im 2. und 3. Lehrjahr sollte es verschiedene fachspezifische Module zur Auswahl geben. Ich befürworte auch die Einrichtung von Schwerpunktschulen – etwa für Kongressmanagement, Destinationsmanagement, Kulinarik/Küche, Rezeption/Hotelmanagement u.a.; denn die jungen Menschen sind mobiler als sie das früher waren.
 
Ich sehe darin ein großes Potenzial, das Schulsystem neu, attraktiver und praxisorientierter aufzustellen. Vielleicht wäre es dann auch wieder einfacher, genügend Lehrpersonal zu finden. Zudem sollte Praktiker*innen der Zugang als Ausbildner*innen in den Schulen  erleichtert werden. Aktuell müssen Lehrende zumindest ein Bachelor-Studium absolviert haben …

Boutiquehotel Stadthalle
Das Boutiquehotel Stadthalle ist das erste SDGs-Hotel der Welt (Foto: Tina Herzl)


 
Aktuell wird die 4-Tage-Woche von einigen Tourismusbetrieben eingeführt, um die Jobs attraktiver zu machen …

Wir sind noch viel flexibler. Bei uns kann sich jede*r die Arbeitszeit frei einteilen, wir haben 13 verschiedene Arbeitsverhältnisse, das geht von 10 Stunden bis 40 Stunden die Woche. Wenn ich von der Qualität der/des Mitarbeitenden überzeugt bin, dann kann ich mich darauf einlassen. Und diese Flexibilität ist auch die einzige Möglichkeit, junge Frauen, die vielleicht Kinder haben, zu beschäftigen und zu unterstützen. Nicht jeder Job muss mit 40 Stunden besetzt sein – aber ich verstehe auch, dass jemand weniger arbeiten will.
 
Was wären die effektivsten Hebel – seitens der Branche, seitens der Politik –, an denen man ansetzen müsste, um wieder engagiertes Fachpersonal für die Hotel- und Gastrobranche zu finden?

Zwei Punkte dazu:
1) Wünschenswert wäre, wenn bei den Mitarbeiter*innen mehr netto vom Bruttolohn ankommen würde. Österreich ist das Land in Europa mit dem zweithöchsten Steuersatz. Davon wird natürlich unser Sozialstaat finanziert, aber dennoch sollte man schauen, wo man umschichten kann, damit mehr Geld bei allen Beschäftigten ankommt.
2) Um mein Unternehmen nachhaltig – und hier meine ich auch sozial nachhaltig – führen zu können, möchte ich nicht nur angemessene Gehälter bezahlen, ich habe auch jede Abteilung rechnerisch gesehen mit einer ¾- bis ganzen Stelle „überbesetzt“. Das hat den großen Vorteil, dass nicht immer alle am Limit arbeiten müssen und völlig ausgepowert sind, vor allem dann, wenn jemand ausfällt. Die Banken melden mir aber zurück, dass meine Mitarbeiter*innen-Kosten zu hoch sind und ich eigentlich mehr Gewinn machen könnte. Daher gehören die Berechnungsgrundlagen der Banken – etwa zur Bewertung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen –, die einen gewissen maximalen Prozentsatz für die Mitarbeiter*innenkosten vorsehen, überdacht.

Zum Schluss möchte ich schon darauf hinweisen, dass alle guten Betriebe in Österreich fair bezahlen und gute Arbeitsbedingungen bieten – gerade auch in der Ferienhotellerie, wo meist freie Kost und Logis geboten wird, und andere Benefits mehr. Viele andere Betriebe arbeiten ähnlich wie wir – ich behaupte, es ist die Mehrzahl der Häuser in Österreich!
 

Mehr Informationen:
 
Boutiquehotel Stadthalle, Wien: https://www.hotelstadthalle.at/
-  das weltweit erste SDGs-Hotel: https://www.hotelstadthalle.at/boutiquehotel/sdgs.html

 


 

sdg

„Ich habe niemals anderes als Fachkräftemangel erlebt.“

Der Hotelier und Visionär KARL J. REITER im Gespräch mit HARALD A. FRIEDL

„Würde ist das oberste Prinzip“ zur erfolgreichen Führung eines Dienstleistungsunternehmen, ist Karl J. Reiter überzeugt. Der Eigentümer und Geschäftsführer von „Reiters Reserve“ und „Reiters Resort Stegersbach“ ist seit fast einem halben Jahrhundert in Tourismus tätig, doch an eine Zeit ohne Mangel an qualifiziertem Personal kann er sich nicht erinnern. Neu ist heute nur der Mangel an Leistungsbereitschaft unter der Generation Z …
Reiter
Karl J. Reiter mit Mitarbeiterinnen (Foto: Tanja Hofer)

Mit rund 550 Mitarbeiter:innen betreibt Karl J. Reiterer seine beiden Anlagen im Südburgenland: das „Reiters Resort Stegersbach“ mit dem „Allegria Hotel“, Golfplätzen und einem ausgedehnten Thermalbad sowie noch weiter im Süden, in Bad Tatzmannsdorf, die „Reiters Reserve“, eine Anlage von 120 Hektar mit den zwei Kernelementen, dem 4-Sterne Superior Kinderhotel „Finest Family“ und dem 5-Sterne Wellnesshotel „Supreme“. Flankiert ist dieses Ensemble von Elementen wie der „Genusswerkstatt“ mit Bäckerei, Nudelfabrik, Eisproduktion und Patisserie, oder im nahegelegenen „Rabenwald“ mit der eigenen Hofschlachtung. Allein in „Reiters Reserve“ sind über 370 Mitarbeiter:innen beschäftigt, und es könnten mehr sein. Denn auf der Seite mit Stellenangeboten wird ein gutes Dutzend zusätzliches Personal aus dem gesamten touristischen Unternehmensbereich gesucht.

„… dennoch wurden uns niemals die Türen eingerannt!“

Die Suche nach qualifiziertem Personal sei für den Hotelier Karl J. Reiter schlichte Normalität: „Ich bin seit 1975 im Tourismusgeschäft. Etwas anderes als Mangel im Bereich der Fachkräfte habe ich nie erlebt.“ Der Wellnesspionier hatte sich darum auch schon früh mit Möglichkeiten zur Attraktivierung seiner Arbeitsstellen beschäftigt: „Schon 1982 haben wir die 5-Tage-Woche eingeführt sowie einen Ganztages-Kindergarten. Und dennoch wurden uns niemals die Türen eingerannt …“ Engagierte und qualifizierte Mitarbeiter:innen sind von jedem touristischen Betrieb gefragt und darum knapp. Darum stand für Karl J. Reiter ein auf reflektierten Werten gründender Umgang mit den Menschen, die für ihn und sein Unternehmen arbeiten, stets an erster Stelle: „Würde gilt für mich als oberstes Prinzip!“ Konkret bedeutet dies, dass die Mitarbeiter:innen auch klar erkennen müssen, welchen hohen Wert sie für den Unternehmenserfolg darstellen. So habe sich Karl J. Reiter auch schon für die Würde seiner Mitarbeiter:innen ins Zeug gelegt und „Gäste eliminiert“, die dem Personal nicht den nötigen Respekt gezollt hatten. Dass er dafür zuweilen „als hochnäsig betrachtet“ werde, nehme er gerne in Kauf.

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Reiters Reserve (Foto: Reiters Reserve)

Doch von Würde allein kann niemand leben. Darum werden auch Löhne über dem Kollektivlohn gezahlt. Freilich sind hier unternehmerische Grenzen gesetzt, denn letztlich müssen diese Löhne durch zufriedene Gäste erwirtschaftet werden. Doch über die Löhne hinaus gibt es auch zahlreiche zusätzliche Leistungen wie hochwertige Unterkünfte in einem eigenen Wohnhaus. Daran könne man deutlich sehen, „dass wir es ernst meinen mit der Würde!“. Zudem gebe es Sportangebote, Rabatte sowie freie Mahlzeiten von nachhaltiger Qualität. Denn in der Küche werde nur Regionales und Saisonales zubereitet, was zu einem wesentlichen Teil aus der eigenen Landwirtschaft stammt. „Als es während Covid zum Lockdown kam, hat der Küchenchef für die gesamte Belegschaft ein 5-Gänge-Menu zubereitet“ – ein Zeichen der Wertschätzung mitten in der Krise. Durch all diese Maßnahmen gehe es dem Unternehmen „relativ gut“, was die Besetzung von freien Stellen angehe. Hier hätte die konsequente Politik der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiter:innen zweifellos Früchte getragen. Doch die genannten Maßnahmen wie höhere Löhne und Incentives müsse man sich auch leisten können. „Viele touristische Unternehmen verfügen nur über geringeren finanziellen Spielraum und haben darum diese Möglichkeiten nicht.“

Sinkende Leistungsbereitschaft der Generation Z

Karl J. Reiter geht auch davon aus, dass sich diese Herausforderungen in absehbarer Zeit nicht verbessern werden, eher im Gegenteil: Die Auswirkungen des Wertewandels der Generation Z beginne erst richtig zu wirken. Hier gäbe es immer mehr junge Menschen, die davon profitieren, dass „die Oma wohlhabend in Pension geht“ und sich großzügig zeige. Unter solchen Umständen sei es nicht verwunderlich, wenn die Leistungsbereitschaft sinke. Mit dieser Haltung könne der Unternehmer wenig anfangen, der selbst aus einfachen Verhältnissen stammt. Sein Vater habe als Wirt täglich im Gasthof zur Post in Achenkirch gearbeitet und in all seinen aktiven Jahren nur ein einziges Mal drei Tage Urlaub genommen. „Damals bekam ein Briefträger einen Lohn von 2000 Schilling“ (ca. 145 Euro), um eine Familie durchzubringen. Das gelang nur, indem die ganze Familie mitgeholfen hat. „Wir wären damals auch gerne eine ‚Generation Z‘ gewesen. Aber wir waren neun Kinder, von denen acht vom Hof gehen und ihr eigenes Einkommen finden mussten. Sonst wäre kein Überleben möglich gewesen.“ Wer sich in jener Zeit hätte gehen lassen, wäre als „fauler Hund“ kritisiert worden. Heute hingegen werden „junge Menschen, die sich nicht zu Leistung aufraffen können, als arm und von der Gesellschaft zurückgelassen bemitleidet.“ Dafür Verständnis aufzubringen, falle Karl J. Reiter doch etwas schwer.

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Küchenchef im Finest Family Hotel (Foto: Reiters Reserve)

An strategischen Überlegungen, wie der zunehmende Fachkräftemangel bewältigt werden könne, kommt auch Karl J. Reiter nicht vorbei. Eine Richtung wären Investitionen in digitale Maßnahmen, um arbeits- und zeitintensive, aber wenig produktive Tätigkeiten substituieren zu können. „Das alles lassen wir uns durch den Kopf gehen, aber wir haben uns für einen anderen Weg entschieden!“ In Reiters Reserve wird – gleichsam antizyklisch – auf noch mehr und noch hochwertigeren Service für Gäste mit höheren Ansprüchen gesetzt, wodurch höhere Preise gerechtfertigt seien. Rationalisiert werde hingegen durch eine Verringerung der Gästezahl, etwa durch eine Reduktion der ursprünglich 380 Einheiten auf 250. So wurden erst jüngst 90 Zimmer zu 40 Luxus-Suiten umgebaut.

Dies klingt zuversichtlich. Doch auch Karl J. Reiter ist nicht ganz ohne Sorgen. Sein persönliches Problem sehe er etwa darin, dass Respekt und „Anstand“ gegenüber den Mitarbeiter:innen auf einseitige Weise „nur von Dienstgebern eingefordert“ werde. Im Gegenzug dazu beobachte er eine gefährliche Tendenz unter touristischem Personal, vom Gesetz verbriefte „Rechte zum Teil über die Maßen ausnutzen“. Dies sei etwa der Fall, wenn Mitarbeiter:innen „kurzfristig“, somit ohne Vorwarnung, „in lange Krankenstände gingen“.

„… fragt, was Ihr für Euer Land tun könnt!“

„Das Kernproblem ist heutzutage: Leistung wird immer weniger wert!“, kritisierte Karl J. Reiter die von ihm beobachtete, gesellschaftliche Werteentwicklung. Anstatt durch persönlichen Einsatz etwas aufzubauen, sei es viel mehr „erstrebenswert auf möglichst einfache Weise möglichst rasch zu Wohlstand zu kommen“. Problematisch sei dies auch im Hinblick auf eine demokratische politische Kultur, die eigenständige, leistungsbereite Menschen benötigt, die bereit sind, zum Gemeinwohl etwas beizutragen, anstatt nur davon zu profitieren. Dies erinnert an die bekannten Worte von US-Präsident J. F. Kennedy anlässlich seiner Antrittsrede 1961: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt!“ Für Karl J. Reiter jedenfalls gilt das Leistungsprinzip auch weiterhin, anstatt sich entmutigen zu lassen. Und der Erfolg gibt ihm Recht: Im RELAX Guide 2021 etwa wurde das Supreme 5* bereits zum 14. Mal, und dies ohne Unterbrechung, mit der Maximalpunktezahl bewertet. Auch das Familienhotel „Finest Family 4*“ wurde in der Kategorie „Kinder“ mit dem ersten Platz ausgezeichnet …

Mehr Informationen:

Reiters Resort Stegersbach

 


 

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Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

In der EU wird seit 2020 an einem Lieferkettengesetz gearbeitet, ein Entwurf wurde im Februar 2022 vorgelegt. Was sieht das Gesetz vor? Und was bedeutet es für Unternehmen im Tourismus?

Von CORNELIA KÜHHAS

Tuareg
Zu Gast bei den Tuareg (Foto: Harald A. Friedl)


 
Die globalisierte Wirtschaft ist von internationaler Arbeitsteilung geprägt, die Lieferketten sind mitunter lang und kleinteilig – und haben Auswirkungen auf Umwelt und Menschen. Diese werden aber von Unternehmen immer wieder nicht gesehen – oder auch ignoriert. Die im Jänner 2020 von der EU-Kommission veröffentlichte “Study on due diligence requirements through the supply chain” hat gezeigt, dass nur etwas mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen in der EU Maßnahmen zur Sorgfaltsprüfung durchführt, bei der alle Menschenrechts- und Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeit berücksichtigt werden – und auch hier standen meist nur die Zulieferer im Fokus und nicht auch die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Internationale Leitlinien zur Sorgfaltspflicht, die auf Freiwilligkeit setzen – wie die 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten „UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ – werden nur von wenigen Unternehmen beherzigt.
 
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

 
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission Anfang des Jahres den Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz vorgelegt. Es soll die im EU-Binnenmarkt tätigen Unternehmen dazu verpflichten, ihre Zulieferer offenzulegen sowie entlang ihrer gesamten Lieferketten für die Einhaltung internationaler Umwelt- und Menschenrechtsstandards zu sorgen. Nicht zuletzt wird damit auch mehr Transparenz für die Konsument*innen geschaffen, die sich auf die Einhaltung von ökologischen und sozialen Mindeststandards von Produkten verlassen können.

Vom EU-Gesetz betroffen sind Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von 150 Mio. Euro. Für Branchen, in denen häufig Menschenrechts- und Umweltstandards ignoriert werden – etwa die Textilbranche oder die Landwirtschaft – liegen diese Grenzen niedriger, nämlich bei 250 Mitarbeitenden und 40 Mio. Euro Jahresumsatz.

Bei Verstößen sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Unternehmen entsprechende Maßnahmen zur Abhilfe setzen; bei Zuwiderhandeln drohen Strafen. Zudem soll die zivilrechtliche Haftung Eingang ins Gesetz finden – Geschädigte können die Unternehmen also bei Verstößen verklagen.  

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Frühstücksbuffet im Senegal (Foto: Archiv NFI)


Lieferketten im Tourismus – verantwortungsvoll zu qualitätsvollen Reiseangeboten
 
Was bedeutet das Lieferkettengesetz für die Tourismusbranche? Aufgrund der im Gesetzesentwurf definierten Unternehmensgrößen werden nur wenige große Reiseveranstalter direkt betroffen sein. Dennoch sollte nachhaltiges Lieferkettenmanagement keine Frage der Unternehmensgröße sein. Im Gegenteil: „Die Wahrung der Menschenrechte entlang der Lieferketten – und damit fair behandelte, motivierte Mitarbeiter*innen und Gastgeber*innen – garantiert touristische Produkte mit hoher Qualität“, ist Jara Schreiber vom „Roundtable Human Rights in Tourism“ überzeugt. Die Stakeholder-Plattform vernetzt Reiseveranstalter, Reiseverbände, NGOs und wissenschaftliche Institutionen zum Thema Menschenrechte im Tourismus, sensibilisiert zum Thema und unterstützt Reiseveranstalter dabei, die Menschenrechte in der Praxis zu achten.
 
Die Hemmschwelle für Unternehmen, sich mit der Thematik zu befassen, ist oft groß, sind doch die Lieferketten im Tourismus komplex und vielteilig – denn viele Betriebe und Menschen arbeiten dafür, dass Tourist*innen angenehme Urlaubstage verbringen können. Als Einstieg ins Thema für alle touristischen Anbieter hat der „Roundtable Human Rights in Tourism“ ein praktisches Tool für den Selbstcheck einer touristischen Lieferkette entwickelt; es bietet eine niederschwellige Möglichkeit, sich rasch und gezielt mit der eigenen Lieferkette auseinanderzusetzen. Dieses Tool stellte Jara Schreiber beim „respect_NFI Afterwork im Reisebüro“, zum Thema „Lieferketten im Tourismus“ vor. https://www.humanrights-in-tourism.net/analyse-risks

In der Expert*innenrunde dabei war auch Jamileh Baumann von Hauser Exkursionen, die seit über 40 Jahren sehr erfolgreich ihre nachhaltigen Produkte entwickeln, die auf vertrauensvolle Partnerschaften und gegenseitige Wertschätzung aufgebaut sind: „Wir bilden unsere Reiseleiter*innen selbst aus, kennen und unterstützen die Familien, die dahinterstehen.“ Diese Produkte und Partnerschaften seien auch in Krisen stabiler.

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Für die Urlaubsidylle arbeiten viele Menschen im Hintergrund (Foto: Cornelia Kühhas)


 
Transformatives Potenzial des Tourismus
 
Beide Expert*innen sehen das geplante Lieferkettengesetz als einen wichtigen Hebel, um Missständen vorzubeugen bzw. Verantwortliche in eben diese Verantwortung zu holen. Zudem werden all jene gestärkt, die bereits wertvolle Arbeit im Sinne der Menschenrechte leisten – und damit das transformative Potenzial des Tourismus nutzen. Denn als einer der größten Wirtschaftszweige der Welt, der eng mit benachbarten Branchen wie der Landwirtschaft oder dem Handwerk verzahnt ist, kann die Tourismusbranche einiges dazu beitragen, eine nachhaltige Entwicklung in den Destinationen voranzubringen.
 
Letztendlich bedeutet das Lieferkettengesetz auch Rechtssicherheit für die Unternehmen – und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Dies unterstreicht Jara Schreiber mit Blick auf das ab 2023 geltende Lieferkettengesetz in Deutschland. Dort wurde bereits 2016 der „Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte“ verabschiedet: „Doch wir haben gesehen, dass Freiwilligkeit allein nicht funktioniert – denn jene Unternehmen, die die Menschenrechte nicht so im Blick haben, haben einen Wettbewerbsvorteil. Daher ist eine Regulierung wichtig, weil sie gleiche Rahmenbedingungen und damit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle schafft.“

 

Zur Autorin:

DI Cornelia Kühhas studierte Landschaftsökologie und -gestaltung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Sie leitet den Arbeitsbereich „RESPECT – Nachhaltige Tourismusentwicklung und Entwicklungszusammenarbeit“ bei der Naturfreunde Internationale.
 
Quellen:
 
Study on due diligence requirements through the supply chain, European Union, 2020
file:///Users/user/Downloads/study%20on%20due%20diligence%20requirements%20through%20the%20supply-DS0120017ENN.pdf
 
Presseaussendung des EU-Parlaments “Lieferketten: Unternehmen für Schäden an Menschen und Umwelt verantwortlich“ (28.1.2021)
https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20210122IPR96215/lieferketten-unternehmen-fur-schaden-an-mensch-und-umwelt-verantwortlich
 
 
Weiterführende Infos & praktische Tools:

 
Roundtable Human Rights in Tourism
https://www.humanrights-in-tourism.net
 
Tool „Analyse Risks Value Chain“ des Roundtable Human Rights in Tourism https://www.humanrights-in-tourism.net/analyse-risks
 
Choices for Human Rights – How Tourism Businesses Can Influence & Sensitise Their Travellers (Webinar des Roundtable Human Rights – zum Nachschauen) https://www.humanrights-in-tourism.net/Webinar-Traveller-sensitisation
 
"The Business Case of Respecting Human Rights in Tourism" Beitrag von Doug Lansky beim Symposium des Roundtable Human Rights in Tourism 2021 https://www.humanrights-in-tourism.net/online-symposium-2021

Human Rights and Climate Change: The Benefits of Linking Both Agendas in Tourism Symposium des Roundtable Human Rights am 6.10.2022 – Videomitschnitt: https://www.humanrights-in-tourism.net/online-symposium-2022
 
respect_NFI Afterwork im Reisebüro: Lieferketten im Tourismus – verantwortungsvoll zu qualitätsvollen Reiseangeboten (September 2022). Nachlese inkl. Videomitschnitt:
https://www.nf-int.org/themen/nachhaltiger-tourismus/aktivitaeten/afterwork-im-reisebuero-lieferketten-im-tourismus
 
UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/publications/guidingprinciplesbusinesshr_en.pdf
 
Fair-Reisen (Beitrag auf der Website von fair unterwegs)
https://www.fairunterwegs.org/de/magazin/news/detail/fair-reisen/
 
Nine Business Practices for Improving Safety and Health Through Supply Chains and Building a Culture of Prevention and Protection, UN Global Compact, 2021
https://www.humanrights-in-tourism.net/publication/nine-business-practices-improving-safety-and-health-through-supply-chains-and-building


 

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Living Museums: Traditional and Open-Air Living Museums in Namibia

By  ETHILDE TULIMUWO KUWA

Living museum also known as, a living history museum is a type of museum which recreates historical settings to stimulate a past time period, providing visitors with an experiential of history. Living museums have become part of the sentimental tourism resources in Namibia and have contributed to the Namibian tourism growth over the recent years. They are outstanding examples of traditional initiatives where tourists can discover the cultures of Namibian linguistic groups and interact with locals.
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Foto: Harald A. Friedl

Most of the living museums are created as a way to showcase tourists the traditional cultures and the way people live in those communities. It is also a way of preserving the country’s traditional culture while also fighting poverty in rural areas through income generated from the traditional villages and living museums. Museums collect and preserve objects and materials of religious, culture and historical value.

Namibia is a country with many different cultural or ethnic groups such as coloured, Basters, Tswana, Damara, Nama, Himba, Herero, Kavangos, European, Caprivians, San, Owambo. This article focuses on the five living museums in Namibia, which are Ovahimba; Damara; Jo/’Hoansi, Bunza and Mali Traditional Village and Open-Air Living museums in Namibia. Their history, How they became founded, who was the initiator, how are the living experts, how far are they participating in the gained money, how do they perceive their own work as Indigenous actors, how are their general working conditions.

A Case of Ovahimba, Damara, Jo/´Hansi, Bunza and Mali Traditional and Open-Air Living Museums in Namibia

The Ovahimba people live in the western part of Namibia in the Kunene region and southwestern Angola.  Ovahimbas are semi-nomadic pastoralists who go from one watering spot to another. Their primary sources of income are cattle and goats, along with small-scale subsistence cultivation. They continue to dress in their customary garb and rarely travel outside of their local communities. They have a statuesque build, are tall and lean, and are proud and amiable people. While the men tend to handle cattle, the Ovahimba women typically work in the nearby communities, doing labor-intensive tasks like carrying water, milking cows, and building houses. Simple mud and dung construction with a cone-shaped structure of saplings joined by palm fronds make up their residences, which are built of mud and dung. Body jewelry comprised of shell beads and men, women, and kids wear iron.

The museum opened in 2016 and is situated halfway between Opuwo and Epupa Falls in 2016, there were 72 visits; in 2018, there were 512. The cost of admission ranges from 120 to 400 per person. John Tjipurua is the one who started the Ovahimba living museum with the help of the Living Culture Foundation. Namibia experienced an increased drought from 2013 to 2016, which forced many indigenous communities to diversify their traditional lifestyles because the environment could no longer support their nomadic way of life. Fruits continue to be abundant while livestock is decreasing. The community established the living museum in collaboration with the living culture foundation to assist residents and to supplement their sustainable farming.  The museum  offer  performances, other activities  and dedicated  guides  who interpret and explain  various  activities  that take  place  at the site.

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Housing of local people who offer stones for sale to people passing by. (Photo: Harald A. Friedl)

The Ovahimba have been exposed to tourism over time, as well as the practice of the tourism business.For the community, the museum is a source of revenue. This living museum was created primarily to give tourists an engaging way to experience Ovahimba customs. For both visitors and younger generations, the living museum serves as a typical school. Museum  consists  of traditional  homestead  where the Ovahimba introduced  daily  routines to visitors and encourage  them to practice in various activities.

The Damaras, one of Namibia's oldest ethnic groups, have lived there for an unspecified period of time. The Damara people have to adapt to western culture. The Damara people were forced to adapt to western customs and abandon their traditional ways of life as a result of invasion.  By showing how people used to live, the Damara living museum was created to recreate their extinct culture. An individual from the Twyfelfotein Damara community going by the name of Hans Noobeb developed the Damara living museum in February 2010. Mr. Noobeb realized that his culture was being lost, so he started the living museum to educate visitors about the Damara people and to generate income. The Damara living museum has helped the Twyfelfotein community by generating income and jobs, and it is now a popular Namibian tourist destination. The Damara living museum is one of the first ecotourism and community-based tourism living museum in Namibia that has caught many visitors’ eyes.

The Damara people's living conditions have changed because of adaptation and evolution. While some people still want to live a life of hunting and gathering, others have adapted to modern lifestyles. Workers from both the old and new groups make up the Damara living museum. The 36 employees of the museum are in charge of a variety of tasks within the institution. In order to support their families and inform tourists about their culture, the employees were hired from the local conservancy. When in the living museum they always wear, their tradition clothes and they keep themselves busy with tradition daily work, which keep them very interesting in their way of life.

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Damara Living Museum (Photo: Namibia University of Science and Technology)

The living museum recruit the Damara community that live nearby the living museum, there is no bias recruitment because the aim is to recruit people of all age according to their duty and mostly which are interest in culture acting. Their money is generated from different activities at the museum through the programs, which they have set up. This programs are such as traditional life of the village daily routine in a traditional village-n$90.00; a bush walk to demonstrate hunting and gathering n$70.00; tradition life and bush walk(combined n$50.00); the modern village visiting the modern village n$70.00; and they also have a craft shop which sell local and arts products.

The advantages of the Damara Living Museum include greater employment in the conservancy, where workers are able to support their families, as well as increased cultural understanding among visitors and residents alike. It also increased the community's economic output. The Damara Living Museum also experienced several issues, including having to close as a result of Covid-19, leaving employees unable to support their families, and relying solely on the tourism industry for revenue.

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The Damara people in their living museum (Photo: Namibia University of Science and Technology)

A group of khoisan-speaking ex-hunters gatherers known as the Ju/‘Hoansi (bushmen) live in the northeastern of Namibia,  Northwestern Kalahari desert of Botswana and some parts of Angola. The Ju/‘Hoansi-San were historically put into bands who were supported by the recourse of a n!ore. The bushland was established in 1979 by the Government of South Africa as a home for the San people. Because they live in a natural setting and an open area where food and water are scarce, San people typically do not stay in one place and instead travel from one place to another in search of nourishment.

The living museum, one of Namibia's first museums, is located in the country's north-eastern region, close to Tsumkwe. The Ju/'Hoansi-San living museum offers tourists and locals a fascinating perspective on the people and their way of life. Their houses are as cottages encircled a large mounted and painted rock where the San people sleep. For tourists and locals who are drawn to and interested in the San and their culture, the museum provides a camping area. The tourist's ability to learn about the Ju/'Hoansi-San people's language, customs, and way of life is facilitated by the tourist's destination. San people are very friendly, hardworking, smart and skilled people.

Since 2004, the Ju/'Hoansi-San have been successful in running their museum independently. The fact that they hunt for their own food, clothing, housing, and medicine shows how independent they are. For hunting, the San people developed a unique type of bow and arrow in which the arrows were poisoned before being shot at prey. Different types of plants, which they smash and combine with saliva or water, are used as sources of the poison, which is acquired by beetles.

They use hide for clothing from the game they caught, the men wear a hide skirt type, leather coat, head piece, with traditional beads around the neck, arms and ankles along side a small leather bag. The women have cover themselves up with a blanket or also known as Karosses (blanket), long leather gourmets, with homemade beads around their necks, wrists and ankles. For their guys are made of tree branches and grass which they build on their own.

The Ju/‘Hoansi-San allow tourist and local people to experience their way of living in an open natural environment by letting tourist hunt with them, make huts, learn the language, learn about the natural medicines they get around the environment. Tourists they get to experience different lifestyle, which they have not had before such as hunting for food with a bow and poisonous arrow and digging out porcupines. When tourists visit the area they are able to experience the former bushman land and traditional hunter-gatherer lifestyle and learn about their cultures demonstrating what it takes to survive in the wild armed with only a bow and an arrow.

There is not much work for locals at the Ju/‘Hoansi-San museum as the San people manage the museum on their own since 2004. The museum only gets support from the living cultural Foundation Namibia (LCFN). The San people at The Ju/Hoansi-San get support from the LCFN when needed, support such as protecting the wildlife from poachers and food when necessary. During winter the LCFN provide proper blankets because it can get very cold in the bushes where they live. The LCFN tries to plant food for the future for the San people to pick and eat, they try to add more plants while the rest gets a chance to grow. The LCFN encourages the communities to maintain and promote their natural environment, it can create a source of income for example when tourists from international countries visit the museum and donate to LCFN and the San people gain awareness, education and repeat visits. San people do not want money rather food and materials they could use for everyday lives.

The Living museum of the Ju/‘Haonsi-San is a very protected area, not only do the San people protect their land but also the LCFN, the government and non-profit organizations. These organizations make sure the museum is standing for a longer period of time or years to come, the help to keep the place neat, clean and not damaged like vandalism.  They generate their money from selling jewelleys and crafts made from eggshell and glass. They also offer activities such as bush walks with hunting, snaring, tracking, and collecting bush food; singing, dancing,  and games around the fire; demonstrating how traditional San crafts are made.

The only challenges at the living museum are poachers and the lack of water. Namibia struggles with drought due to its low rainfall; the people there try to use less water by not digging as many holes and instead squeeze water from plant roots and roots of other plants. Since fire is so vital to the San people, it is fortunate for them that they live in an area where trees and grass regenerate more quickly. San people rub a stick to make fire rather of using numerous twigs and pieces of grass.

The Mbunza living museum that is suited 14 kilometers west of the Kavango capital Rundu. The spoken language is Rukwangali the most common language in the Kavango area. Sebron Sikerete started the project in 2014. The main aim for this project was to provide visitors to the museum with a detailed and cultural insight into the traditional, pre-colonial culture. The community wanted to highlight their culture and their religious on how they leave their lifestyle. They do this by providing information about the living museum to the visitors. Also aimed to increase the number of visitors that want to see the museum and have an experience of the Mbunza culture of the people in the community. The Mbunza living museum traditional presentation covers everything from daily life such as traditional food, building fire, weaving baskets and mats, and many more. They also offer activities such as bushwalking and fishing, and eventually to highly specialized methods like blacksmithing, pottery making, and drum making.

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The Mbuza people in their traditional costumes ((Photo: Namibia University of Science and Technology)

One of the benefits that the project brought in the community was education some people in the community were also given some work at the project like dancing so that they can attract the visitors when they come in the museum also some were employed as guards to guide the place or the museum. Other benefits which the community benefited from was access to clean water since the community has not been having source of clean water in a long time they were provided with the clean water for bathing and drinking, and also provide electricity. The Mbunza living museum also made people to believe in themselves and showcase their culture they made the community to be aware of how to be able to take care of their culture and in what way they can do to achieve it. Guests are able to buy a small souvenir at the craft shop and to take a piece of Kavango culture home with them. All this was successfully because of the project, which was being introduced.

They encountered challenges while projecting the project; prior to beginning the project, they spend three years simply gathering data about the Mbunza people, creating a proposal, and completing the necessary paperwork to be able to register the business. The local businesses' tour operators and resort owners were unaware of them. Some of the challenges are also inability to pay their bills because of the many things that were being done at the museum. The last problem they encountered was a shortage of skilled workers because there were not many educated people prepared to take on the necessary jobs.

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Photo: Harald A. Friedl

Mali traditional Village & Open-Air Living Museum was established on 12 August 2019 in Ngoma village, Zambezi region. This living museum is an authentic open-air museum where visitors / tourists can learn about the traditional beliefs, tradition & culture and the original way of living of the Masubia tribe, cultural exchanges and the almost forgotten Masubia tribe.

The Traditional village consists of some traditional thatched roofs and mud, court yard surrounded with reeds, Melvin Masule, a visually impaired villager came up with an idea of starting a living museum in his village so he could help himself, his family and the village at large. He saw a very good opportunity of starting a living museum because his village is close to Chobe River Lodge, which makes it very easier for him to get tourists to his living museum.

Workers of the Mali Traditional Village and Open-Air Museum do not work from 8hrs-5hrs, they only go to the museum when there are bookings made meaning they strictly work on call condition. This Traditional village has two permanent employees, which is Mr. Masule as the Traditional expert and his son Masule Junior as a museum guider. The cultural dancing group are employed on a casual basis; therefore, they are paid per tourist received. The cultural dancing group lives in the nearby villages. The museum buys crafts, baskets and curios from the local community.

Mali traditional village and open -air museum benefits the community by reviving their almost forgotten culture, promotes the Masubia culture to the outside countries, gives employment to the local people, promotes eco-tourism by teaching and educating the local community on how to preserve their resources and teach them how to use them accordingly. It also gives knowledge to the locals on how important tourism is.

The museum is facing challenges like lack of running water, no ablution facilities which leads to unhygienic practices within the museum. Another challenge is that the owner of the Mali Museum is a visually impaired man, which somehow makes it difficult for him to develop the museum according to his plans. One can learn the importance of the Masubia culture, traditions, how they live, how they lived in the past, what their traditional food is as well as the activities done by the Masubia people. The museum also teaches how people can survive with the natural resources around them.
 
CONCLUSION
 
Due to drought, circumstances, which has affected most of the natural environment and traditional ways of living, the majority of Namibian villages, are now too dependent on tourists to continue living in their traditional ways. They are aware of the advantages that tourism may offer, and they have acquired various techniques for engaging in tourist-related activities in order to make money. As a result, they have learned how to use tourism to support their lifestyle. Therefore they use the concept of living museums to perform and satisfy visitors who are travelling to enjoy culture, heritage and the way of living of the Namibian people. They do this by performing cultural dances, selling cultural handmade crafts, traditional food and staged performance of how they live. This is a way for them communities to gain income and revenue through employment.
 
 
REFERENCES

Dürrschmidt, S., 2022. Ju/'Hoansi-San Living Museum - Traditional culture of the Ju/'Hoansi-San - LCFN. [online] Lcfn.info. Available at: https://www.lcfn.info/juhoansi [Accessed 18 October 2022].

Green, I. & Saarinen, J. (2022). Changing Environment and the Political Ecology of Authenticity in Heritage Tourism: A Case of the Ovahimba and the Ju/’Hoansi-San Living Museums in Namibia. In: Saarinen, J., Lubbe, B. & Moswete, N.N. (eds) Southern African Perspectives on Sustainable Tourism Management. Geographies of Tourism and Global Change. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-99435-8_10
 
Shikololo, A. (2021, December 08). Thriving with blindness … blind Zambezi man turns sleepy village into tourism mecca. New Era. https://neweralive.na/posts/thriving-with-blindness

Van Schalkwyk, R., (2018). The Himba- the last nomads. Namibia Holiday and Travel. The official Namibian Tourism Directory, 68-75

 

About the author:

Ethilde Kuwa
Ethilde Tulimuwo Kuwa (Photo: Namibia University of Science and Technology)

ETHILDE TULIMUWO KUWA is a Lecturer of Tourism Management at the Namibia University of Science and Technology. She holds a Btech degree in Tourism Management, a Masters’s degree in Tourism and Hospitality Management as well as a Masters in Business Administration (MBA) in International Business. Her research areas are eco-tourism and community-based tourism, Heritage and cultural tourism, tourism and the experience economy, air transportation, and destination marketing. Ethilde has over 15 years tourism and hospitality industry experience. www.nust.na

 


sdg

Ist selbst schuld, wer offenen Auges in die Krise taumelt?

Was sind die Ursachen für den Fachkräftemangel? Und was kann man dagegen tun? Leider kein Streitgespräch zwischen JON FLORIN, HARALD A. FRIEDL & CORNELIA KÜHHAS.
 

fachkraft
Foto: Harald A. Friedl

Friedl: Ich habe in diesem Newsletter 10 Thesen über die Ursachen des Fachkräftemangels formuliert. Schaut man sich die einzelnen genannten Punkte näher an, könnte man durchaus zum Schluss kommen, dass die Tourismusbranche gleichsam “selbst schuld” an dieser Misere sei: Sie habe einfach nicht rechtzeitig gegengesteuert! Der demographische Wandel ist seit gut 30 Jahren bekannt, der Wertewandel der Generation seit mindestens 10 Jahren; und dass sich Menschen immer weniger gefallen lassen, wenn sie herablassend behandelt werden, erst recht nicht, wenn sie durch Sozialversicherung oder Wohlstand abgesichert sind, können wir auch anhand der steigenden Scheidungsquoten seit 40 Jahren beobachten: Je geringer die Abhängigkeit, desto höher die Ansprüche an persönliche Arbeits- und Lebensbedingungen! Fazit: Selbst schuld, wer offenen Auges in die Krise taumelt …

Florin: Einwand, euer Ehren. Komplett versemmelt hat die Branche die Sache nicht. Vor ein paar Tagen ist in der Schweiz die Statistik zu den Lehrvertragsauflösungen erschienen. Von den Lernenden, die 2017 eine dreijährige Lehre begonnen haben, sind 21,9 Prozent wieder ausgestiegen. Bei den Hotelberufen waren es nur exakt 20 Prozent. Zumindest hier ein leicht positiver Gegentrend.

Friedl: Da will ich dir gar nicht widersprechen, denn eine derart einseitige, oberflächliche Schuldzuschreibung übersieht einen wesentlichen Umstand: Bei dieser Entwicklung handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel von vielen unterschiedlichen Faktoren, auf die betroffene Unternehmer:innen nur punktuell reagieren können: Wessen Betrieb abgelegen ist, hat ganz einfach Standortnachteile, die durch den Wertewandel und die Urbanisierung wesentlich verschärft werden. Doch auch auf politischer Ebene erscheint ein akkordiertes, zielführendes Vorgehen gegen diese komplexe Gemengelage von Wirkfaktoren kaum mehr möglich. Daraus ließe sich die These ableiten, der Tourismus sei gleichsam ein tragisches Opfer eines unausweichlichen, wenn auch vorhersehbaren Schicksals.

"Ist der Tourismus tragisches Opfer eines unausweichlichen Schicksals?"

Kühhas: Zu dieser These des Tourismus als tragisches Opfer eines unausweichlichen Schicksals … Ich finde, dass die Branche gerade jetzt ihre Chance nutzen sollte, ihr Potenzial zu einer nachhaltigen Entwicklung der Welt auszuspielen – und damit auch als Arbeitgeber wieder attraktiver zu werden. Denn die Tourismusbranche als einer der weltweit größten Wirtschaftszweige hat durchaus Einfluss auf viele andere Wirtschaftszweige, auf die Entwicklung von Destinationen und auch auf Gesellschaften. Nicht umsonst wird die Branche auch dezidiert in der Agenda 2030 erwähnt. Nachhaltiger Tourismus hat also das Potenzial, die globalen Nachhaltigkeitsziele voranzubringen. Mit dieser Botschaft können insbesondere junge Menschen angesprochen werden – wir sehen ja, dass Betriebe, die ehrlich nachhaltig arbeiten, genügend qualifizierte und engagierte junge Mitarbeiter:innen finden, die Teil eines „Nachhaltigkeitsprojekts“ sein wollen (siehe auch das Gespräch mit Michaela Reitterer/Boutiquehotel Stadthalle, Wien).

"Wir sehen ja, dass Betriebe, die ehrlich nachhaltig arbeiten, genügend qualifizierte und engagierte junge Mitarbeiter:innen finden."

Florin: Ich behaupte mal, es gibt zweierlei Gattung Tourismusunternehmerinnen und -unternehmer. Die einen, die sich durchwursteln und absahnen, solange es geht. Dabei machen sie durchaus auch Verbeugungen in Richtung Nachhaltigkeit. Und dann gibt es die anderen, welche die langfristigen Herausforderungen sehen, sie anzupacken versuchen, aber immer wieder in eine Kostenfalle geraten. Unsere Aufgabe liegt darin, diesen anderen Unternehmen zahlende Gäste und ein existenzsicherndes Geschäftsumfeld zu verschaffen. Dabei ist die Politik gefordert, indem sie nicht-nachhaltiges Geschäftsgebaren höher besteuert und nachhaltiges unterstützt.

Friedl: Ich gebe zu, dass meine Betrachtungsweise sehr verallgemeinert ist. Ich stimme Dir, Cornelia, zu, dass es immer solche Unternehmer:innen geben wird, die die Zeichen der Zeit schneller und klarer erkennen und sich entsprechend anpassen. Sie stellen wunderbare Leuchtturmprojekte dar – wie das Boutique Hotel von Michaela Reitterer. Sie selbst hatte ja immer betont, dass sie gegen das konservative Unverständnis von Banken und Behörden ankämpfen musste. Nicht alle haben diesen langen Atem, diese Visionskraft und auch die entsprechende Kompetenz. Doch eben das scheint sich in der Politik auch nicht zu finden, angesichts der Fixierung auf die nächsten Wahlen …

restaurant
Foto: Harald A. Friedl

Könnte es demnach sein, dass sich am Beispiel des Fachkräftemangels wie auch des Klimawandels ein Paradigmenwechsel einstellen sollte, nämlich das Ende der Überzeugung, wir könnten alles lösen? Könnte es demnach sein, dass wir uns auf der Kippe einer Entwicklung befinden, die immer mehr in Richtung einer Wirtschaft und Gesellschaft geht, in der situativ versucht wird, nur die akutesten und klaffendsten Löcher zu stopfen, anstatt vorausschauend an Strategien zu arbeiten, wie diese Löcher erst gar nicht zustande kämen? Befinden wir uns demnach am „Ende der gestaltenden Politik” und am Beginn eines zunehmenden „Alarm-Managements”?

Florin: Wie um Gottes Willen kommst Du auf die Idee, dass Politik je etwas anderes war, als grad das am hellsten brennende Feuer zu löschen? Ich sehe selten eine langfristig ausgerichtete, gestaltende Politik. Mit Ausnahme vielleicht von China. Allenthalben setzt man sich langfristige (Klima-)Ziele, verliert diese aber innert kürzester Zeit aus den Augen. Das gilt von A wie Armutsbekämpfung (insbesondere im globalen Süden) über B wie Bildungspolitik bis hin zu Z wie (Nacht-)Züge.

"Allenthalben setzt man sich langfristige (Klima-)Ziele, verliert diese aber innert kürzester Zeit aus den Augen."

Friedl: Vielleicht kommen irgendwann wieder die Zeiten, in denen das eigene Reisen immer weniger leistbar wird, während ein Job im Tourismus wieder zu einer akzeptablen Chance zur Finanzierung des Lebensunterhalts werden könne – vorausgesetzt, dass es dennoch weiterhin genug wohlhabende Menschen geben wird, die sich diesen Tourismus dann noch leisten können …

Kühhas: Apropos leistbares Reisen: Liegt in der Geiz-ist-geil-Mentalität, die in den letzten Jahren die Reisebranche vielfach geprägt hat, nicht auch eine Ursache, dass Jobs im Tourismus unattraktiver geworden sind? Wo wird denn bei Billigangeboten gespart? Bei den Mitarbeitenden von Airlines, Hotels etc. Unser Lebensstil – und das betrifft nicht nur die Möglichkeit zu reisen, sondern die niedrigen Preise vieler anderer Konsumprodukte wie Kleidung, Elektronik etc., die wir uns leisten können – beruht auf der Ausbeutung von anderen, um es mal so drastisch zu formulieren. Es fehlt an Fairness und Kostenwahrheit – und auch hier sehe ich eine Parallele zwischen dem Fachkräftemangel und der Klimakrise: Die Rechnung für unseren Lebensstil zahlen andere …

Friedl: Auch auf die Gefahr hin, als Zyniker missverstanden zu werden: Menschen handeln interessenorientiert. Mitgefühl mag bisweilen eine Rolle als Motiv für politisches bzw. philanthropisches Handel gespielt haben, aber wesentliche Umverteilungen von Rechten geschahen weniger aus moralischen Überzeugungen denn aus strategischen: das Verbot der Sklaverei in den USA geschah hauptsächlich aus ökonomischen Überzeugungen, weil „freie” Arbeiter billiger waren als zu versorgende Sklaven. Oder die rechtliche Gleichstellung von Frauen ab den 1970er-Jahren war motiviert durch den steigenden Bedarf an Arbeitskräften. Intelligente, vorausschauende Touristiker:innen achteten darum bereits früh auf die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter:innen und ihren guten Ruf als Arbeitergeber:innen. Es ist ganz einfach wirtschaftlich unvernünftig, „unnachhaltiges” Management zu betreiben.

"Intelligente, vorausschauende Touristiker:innen achteten darum bereits früh auf die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter:innen und ihren guten Ruf als Arbeitergeber:innen."

Florin: Theoretisch müssten diese vorausschauenden Touristiker:innen besser durch Krisen durchkommen:

  • durch Corona, weil sie stärker auf einheimische Gäste gesetzt haben;
  • durch die Klimakrise, weil sie Alternativen vorleben, welche die Gäste positiv bewerten und sie interessanter für Mitarbeitende, insbesondere der Generation Z machen;
  • durch die Energiekrise, weil sie zum Beispiel Solaranlagen oder Holzschnitzelheizungen unabhängiger von volatilen Energiemärkten machen;
  • und eben durch die Fachkräfte-Krise, weil sie schon seit längerem versuchen, die Mitarbeitenden mit guten Arbeitsbedingungen und einem förderlichen Betriebsklima an sich zu binden.

Soweit zur Theorie. Ob die auch in der Praxis aufgeht, wäre abzuklären. Zum Beispiel durch eine empirische Studie. Was meinst Du dazu, Harald?

Friedl: Es gibt allerdings ein Problem: Niemand wird freiwillig mehr zahlen, als es strategisch notwendig ist, um Mitarbeiter:innen zu halten. Und im gleichen Maße werden auch nur jene Konsument:innen bereit sein, freiwillig für (Reise-)Produkte mehr zu zahlen, die glauben, dafür einen konkreten Mehrwert zu erlangen: bessere Qualität, freundlicheren Service, angenehme Atmosphäre. Eben darum bucht kein herkömmlicher Gast eine Unterkunft, nur weil sie ein „Österreichisches Umweltzeichen” oder ein anderes Zertifikat trägt. Nur wenn zwei Unterkünfte weitgehend vergleichbar sind, eine davon jedoch zusätzlich mit fairen Löhnen wirbt – bei gleichen Preisen! –, wird diese auch bevorzugt.

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Foto: Cornelia Kühhas

Florin: Eben: Die Politik ist gefordert. Doch woher nimmt sie das Geld? Mein Vorschlag: aus der Kurtaxe, auch wenn das nicht reicht. Es ist ziemlich unsinnig, aus der Tourismusabgabe die Gewinnung neuer Gäste zu finanzieren, wenn das Personal fehlt, um diese gastfreundlich zu begrüßen. Dafür könnte man zum Beispiel sozialen Wohnungsbau für im Tourismus Arbeitende oder Kinderkrippen mit Abendöffnungszeiten bezahlen.

Doch die Hotellerie- und Gastrounternehmen leiden ja nicht nur unter hohen Personalkosten; der zweite hohe Fixkostenblock sind die teilweise überrissenen Mieten. Da sind die Hausbesitzerinnen und -besitzer gefordert und natürlich wiederum die Politik.

"Es ist ziemlich unsinnig, aus der Tourismusabgabe die Gewinnung neuer Gäste zu finanzieren, wenn das Personal fehlt, um diese gastfreundlich zu begrüßen."

Friedl: Ich finde diese Beobachtung zutreffend, denn sie unterstreicht meine These von der Komplexität der Zusammenhänge: Niemand hätte vor 20, 30 Jahren daran gedacht, dass die regionalen Mietpreise mal mit dem Fachkräftemangel zusammenhängen könnten. Dabei beruht die Regelung von Mieten auf völlig anderen politischen Zuständigkeiten wie etwa die Vergabe von Arbeitsbewilligungen für Migrant:innen oder die Aufwertung von Bildungsangeboten für touristischen Nachwuchs. Politik muss insofern nicht nur weitblickender werden, sondern auch sehr viel mehr ressortübergreifend denken und gestalten. Das macht die Dinge nicht gerade einfacher …

Kühhas: Apropos Weitblick in der Politik: Meiner Meinung nach ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um Jobs im Tourismus – insbesondere für Frauen – attraktiver zu machen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn in der Tourismusbranche sind überdurchschnittlich viele Frauen beschäftigt – in Österreich sind zwei Drittel der Teilzeitbeschäftigten weiblich. Ihr Wiedereinstieg ins Berufsleben und ihre Karrierechancen werden durch fehlende bzw. nicht auf die flexiblen Arbeitszeiten im Tourismus angepasste Kinderbetreuungsangebote ausgebremst. Hier ist die Politik gefordert. Das Österreichische Staatssekretariat für Tourismus hat gerade eine neue Förderung auf den Weg gebracht, mit der Tourismusregionen und Unternehmen motiviert werden, innovative Konzepte zur Kinderbetreuung zu erarbeiten. Ein wichtiger Schritt in Richtung familienfreundlicher Jobs.

Florin: Es gibt noch weitere nicht eingebundene Arbeitswillige: Etwa Menschen, die älter als 50 oder 55 Jahre sind. Kürzlich hat ein älterer arbeitsloser Reisebüromitarbeiter darauf hingewiesen, dass er trotz „hunderter Bewerbungen” keine Stelle gefunden hat.

Kühhas: Aus Umfragen und Forschungen geht hervor, dass der Generation Z offenbar die Work-Life-Balance besonders wichtig ist – und daraus abgeleitet wird ihr vorgeworfen, keine Leistungsbereitschaft zu zeigen und sich auf den Lorbeeren der Eltern- und Großeltern-Generation (Stichwort: Erbschaften) auszuruhen. Dieser Vorwurf mag bis zu einem gewissen Grad berechtigt sein. Dennoch finde ich es legitim, nicht sein Arbeitsleben lang 40-Wochenstunden und mehr arbeiten zu wollen. Ich kenne viele junge Menschen, die neben ihrem Job auch Zeit haben wollen, um sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich zu engagieren. Jobs müssen auch Sinn stiften, insofern haben Betriebe, die sich ehrlich um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Welt einsetzen, sicherlich weniger Schwierigkeiten, gutes Personal zu finden.

Ich glaube auch, dass viele junge Menschen „Wohlstand“ nicht mehr über große Autos und ein Haus mit Garten definieren, wie noch ihre Eltern und damit vielleicht auch mit einem Teilzeit-Einkommen gut auskommen. Und vielleicht fehlt auch so manchem jungen Menschen eine Perspektive für sein Leben, um die nötige Motivation und Leistungswillen zur Erreichung eines Ziels zu schüren. Angesichts der weltweiten Krisen – Klimakrise, Pandemie, Ukraine-Krieg – sind die Zukunftsaussichten ja wahrlich nicht rosig …

"Vielleicht fehlt manchen jungen Menschen eine Perspektive für ihr Leben angesichts der weltweiten Krisen – Klimakrise, Pandemie, Ukraine-Krieg."

Friedl: Da hast Du zweifellos Recht, Cornelia. Ich muss bekennen, doch eher zu einem wenig euphorischen Menschenbild zu neigen. Darum möchte ich hier eine kleine Geschichte erzählen, die mich eben erst sehr positiv überrascht hatte: An der FH JOANNEUM unterrichte ich seit bald zwanzig Jahren Tourismus- und Wirtschaftsethik. Dabei begegnete ich unter den Studierenden im günstigen Fall wohlwollendem Interesse, zumeist aber handfester Skepsis ob des praktischen Nutzens dieser Materie. Darum entwickelte ich schon früh grundlegend alternative didaktische Konzepte zur Lehre von angewandter Ethik. Heuer startete ich erstmals das neu konzipierte Konzept eines praktischen Ethik-Kommissions-Training, um den vorausschauenden Blick für drohende Risiken zu schärfen - und stieß erstmals auf geschlossene Begeisterung, sogar unter den Studierenden der Vertiefung Sport- und Eventmanagement. Die Studierenden setzten unisono die Probleme „Klimawandel, Fachkräftemangel und gesellschaftliche Polarisierung” an erste Stelle und bekannten sich ausdrücklich zu Werten wie globaler Gerechtigkeit, Gesundheit und Klimaschutz, aber auch fairer Arbeitsbedingungen. Womöglich ist das nur ein Ausreißer, aber vielleicht hast Du, Cornelia, doch Recht, und eine wachsende Gruppe von Menschen wählt bewusst einen anderen, nachhaltigeren Weg als die Generation ihrer Eltern. Es bleibt spannend …
 

Zu den Gesprächpartner:innen:

Jon Andrea Florin hat Soziologie und Betriebswirtschaftslehre studiert und – unter anderem – eine Suppen- und Weinbar geführt. Er leitet seit drei Jahren fairunterwegs. Kontakt: jon.florin@fairunterwegs.org

MMag. Dr. Harald A. Friedl ist assoz. Professor für Nachhaltigkeit und Ethik im Tourismus am Institut für „Gesundheit und Tourismus Management“ an der FH JOANNEUM – University of Applied Sciences - in Bad Gleichenberg, Österreich. Der Jurist und promovierte Ethiker war viele Jahre international als Touristiker tätig, mit den Schwerpunkten arabischer Raum und Westafrika. Sein aktueller Forschungsfokus liegt in den Bereichen interkulturelle Kommunikation und Förderung von Transition in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung, Technikfolgenabschätzung sowie gesundheitsförderliche und ethisch verträgliche Tourismusprodukte. Er ist Gründungsmitglied des internationalen Thinktanks „Action for Climate in Tourism Network“ (ACTnetwork) und Mitglied des Wissenschaftsbeirates des „Tourism Panel on Climate Warming“ (TPCC). Kontakt: harald.friedl@fh-joanneum.at

DI Cornelia Kühhas studierte Landschaftsökologie und -gestaltung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Sie leitet den Arbeitsbereich „RESPECT – Nachhaltige Tourismusentwicklung und Entwicklungszusammenarbeit“ bei der Naturfreunde Internationale. Kontakt: cornelia.kuehhas@respect.at